Mit Volldampf am Fluss Spey entlang.
Über drei historische Bahnhöfe und durch eine grüne Fluss-Au.
Was die Fahrt mit der Strathspey Railway besonders macht und ob es sich überhaupt lohnt, erzähle ich hier.
HEUTE: Eine Fahrt mit der Strathspey Railway
Halò, a h-uile Daoine, ciamar a tha sibh?
Ich habe es ja schon mal gesagt: Ich bin ein Freund des Art Decó.
Als ich dann hörte, dass in der Museums-Eisenbahn "Strathspey Railway" ein Art-Decó Aussichtswagen verkehrt, musste ich quasi eine Fahrt buchen.
Aber der Reihe nach: Wo und was ist diese Strathspey Railway?
>>> Die Strathspey Railway
Die Strathspey Railway fährt von Aviemore in den Cairngorms über Boat of Garten bis nach Broomhill.
Dabei folgt die Strecke dem Lauf des Fluss Spey.
Einst reichte sie von der Weiche in Aviemore bis nach Forres am Moray Firth. Sie sollte die Gegend mit Perth verbinden.
Der Ort Aviemore als Knotenpunkt zweier Linien wuchs mit der Eisenbahn stark an.
Die einstigen Arbeiterhäuser sind heute noch östlich der Gleise zu sehen.
Und auch Hotels, Restaurants und Shops siedelten sich an, um Urlauber zu empfangen, die mit der Bahn kamen.
Doch die Strecke blieb stets hinter den Erwartungen der Betreiber zurück.
Man versuchte noch, sie attraktiver zu machen, indem man Schienenbusse verkehren ließ.
Doch letztlich waren es Straßen und das Auto, die die Menschen lieber benutzten.
So wurde die Strecke im Jahr 1965 geschlossen.
Kaum war sie weg, fehlte sie aber.
Gerade für Touristen würde eine Museumsbahn doch attraktiv sein … und Touristen waren noch zuhauf da.
So machten sich Enthusiasten daran, die Strecke wieder herzustellen.
Schon 1978 wurde der Betrieb zwischen Aviemore und Boat of Garten wieder aufgenommen.
1991 haben Unterstützer sogar einen Verein gegründet: Die "Strathspey Railway Association" zählt mittlerweile um die 900 Mitglieder.
Im Jahr 2002 wurde dann der zweite Teil der Strecke eröffnet. Von Boat of Garten nach Broomhill.
Und es soll nicht aufhören damit. Der große Plan: Der Zug soll bald bis nach Grantown-on-Spey reichen.
Und dazu scheuen die Zugfreunde keine Aufwände.
So wurden im Jahr 2014 Teile einer Stahlbrücke von Motherwell bei Glasgow verpflanzt.
Sie ersetzt nun eine Brücke über den Fluss Dulnain.
Außerdem spendete die Eisenbahngesellschaft "Network Rail" 1.600 Betonschwellen und 140 Schienenstücke.
All die Anstrengungen seit 1978 zeigen Erfolge: heute dampfen die Züge wieder regelmäßig.
Und wir sind mitgefahren.
>>> Was einen auf der Fahrt erwartet
Tickets gibt es vorher im Internet oder auch noch meist genug vor Ort.
Auf jeden Fall lohnte es sich für uns, eine Weile vorher anzukommen. Denn schon der Bahnhof von Aviemore war eine echte Schau.
Parken mussten wir auf der anderen Seite des Bahnhofs - also NICHT auf dem offiziellen Parkplatz an der Hauptstraße.
Dafür konnten wir von der Seite direkt den Dampfzug sehen.
Bevor wir dorthin gingen, hat es uns noch auf die Fußgängerbrücke über die anderen beiden Gleise gezogen.
Der Blick auf den Bahnhof war dort gigantisch.
Ich mag diese besonderen Übergänge, die so typisch für Großbritannien sind. Und Aviemore Station ist wirklich toll renoviert.
Zum Gleis drei mit dem Dampfzug durften wir nur mit gültigem Ticket.
Alle Details am Bahnhof waren liebevoll in Szene gesetzt. Da standen alte Gepäckwagen mit Koffer, alte Schilder hingen an den Wänden und der Zug begann schon zu fauchen und zu zischen.
Da hier nicht alles nur auf Kommerz ausgelegt war, kamen wir leicht ins Gespräch mit den freundlichen Betreibern und Helfern.
Sie erzählten uns gerne die Geschichte und die Technik der Züge.
In meinem Fall durfte ich sogar kurz in das Feuer der Lok schauen und mir die Fahrerkabine von innen ansehen.
Was ich von den Schaffnern wissen wollte: Der berühmte Jacobite Steam Train hat derzeit große Probleme mit dem der Aufsichtsbehörde.
Denn das "Office of Rail and Road" will, dass der Betreiber des Jacobites eine Zentralverriegelung in seine historischen Waggons einbaut.
Ob die Strathspey Railway das nicht auch tun müsse, habe ich dann gefragt.
Die Antwort: Nein.
Der Unterschied ist der: Der Jacobite verkehrt auf einer öffentlichen Strecke, auf der auch Scotrail fährt.
Die Strathspey Railway dagegen nutzt ihre Strecke ganz alleine. Darum sind die Waggons auch noch original und brauchen keine spezielle Verriegelung.
Aha. Solange es sicher ist.
Beim Schlendern konnten wir uns in Ruhe alle Waggons ansehen. Es gab sogar einen "Officers Saloon", in den sich Reise-Gruppen zum noblen Tee einmieten.
Ansonsten gab es unterschiedliche Abteile der ersten und zweiten Klasse sowie Großraumwagen.
Im Inneren unseres Art-Decó Waggons erwartete uns eine Mischung aus hellblau und metallic Look.
Zackige und strahlenförmige Dekoration umspielten hier runde Durchgänge.
An den großen Fenstern standen gemütliche Sessel mit kleinen Tischen dazwischen.
Der Wagen endete mit einem schrägen, großen Fenster. Weitere Waggons waren nicht angekoppelt.
Optimaler Ausblick also.
Ein Pfiff, dann ging es endlich los. Der Zug stampfte langsam aus dem Bahnhof.
Auf der rechten Seite sahen wir den Lokschuppen mit der Drehscheibe.
Diese Drehscheibe wurde extra aus Kyle of Lochalsh hergebracht, denn das Original war damals demontiert worden.
Die Strecke ist zwischen Dämmen eingelassen und gesäumt von Bäumen - vor allem Birken und Kiefern.
Das war nett, aber einen Aussichtswagen brauchte es dafür an sich nicht.
So ging es fast bis nach Boat of Garten.
Hier wartete noch eine Überraschung auf uns:
Der Royal Scotsman stand da - er war von einer Lok der Strathspey Railway hierher gezogen worden, damit die Gäste auch diesen Bahnhof sehen konnten.
Boat of Garten ist wirklich ein Juwel von einem Bahnhof. Der Verein zur Erhaltung der Bahn hat alle Gebäude makellos restauriert und wunderschön angemalt.
Am Gebäude ziehen sich Blumenkästen entlang.
Der alte Wasserkran, die Signale, die wunderschöne Fußgängerbrücke, die Bänke … all die Details wurden mit Liebe erhalten.
Das nahe Hotel verdankt seine Existenz übrigens auch der alten Eisenbahn.
Doch es wurde schon Zeit, Boat of Garten zu verlassen.
Der zweite Teil der Strecke war nun landschaftlich schöner. Ab jetzt konnten wir den Fluss Spey sehen.
Hinter dem Fluss erheben sich die Cairngorms und liefern eine tolle Kulisse.
Am Ende ging es noch durch einen Brückenbogen, ehe der Zug in Broomhill einfuhr.
Dieser Bahnhof hat übrigens zwei Namen. "Glenbogle" steht auf einem Schild.
Der Hintergrund: Diese Station wurde in der bekannten britischen Serie "Monarch of the Glen" mit diesem Namen als Kulisse benutzt.
Auch hier konnten wir uns umsehen, der Bahnhof ist schön, liegt aber mitten im Nichts.
Spannender war darum fast das Umkoppeln der Lokomotive, das hier stattfand.
Sie setzte sich vor den Aussichtswagen und wir hatten für die Rückfahrt einen wunderbaren Blick auf das Dampfross.
Auf dem Rückweg gab es dann keine längeren Stopps mehr.
Ich habe aber schließlich in Aviemore noch einmal auf die Abfahrt des Zuges einige Zeit später gewartet, um ihn auch von Außen genießen zu können.
Es war sehr schön, ihm noch einmal bei der Ausfahrt zuzusehen. Mit Fauchen und Stampfen.
>> Das Fazit:
Es ist so: Landschaftlich geht bei Fahrten mit Dampfloks nichts über den Jacobite Steam Train oder "Harry Potter Zug", wie viele heute sagen.
Worin die Strathspey Railway aber nahezu nicht zu schlagen ist, sind die vielen Eisenbahn-nahen Details.
Die wunderbaren Bahnhöfe - vor allem Boat of Garten.
Der interessante Lokschuppen mit der Drehscheibe davor.
Und natürlich der besondere Aussichtswagen im Art Decó Design.
Wir hatten jedenfalls viel Spaß. Zudem ist die Fahrt auch deutlich erschwinglicher und weniger kommerzialisiert als beim Jacobite.
Übrigens: Auch für Menschen im Rollstuhl gibt es hier Plätze.
Wer in der Gegend ist, sollte also dringend auf den Zug aufspringen.
Aufspringen könnt Ihr übrigens auch auf den MyHighlands-Express.
Er bietet eine Reise durch die Geschichte und die Schönheit Schottlands.
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So wie Jürgen B. es netterweise getan hat - danke, Jürgen.
Bis zum nächsten Mal sage ich:
Tioraidh an-drasta, agus oidhche mhàth.